Ausstellung

Wellen – oder Buch, was willst Du mir bedeuten?

7.7.2015 bis 27.9.2015 | Johann Jacobs Museum

Die umfangreiche Bibliothek von Klaus J. Jacobs ist dem Thema Kaffee gewidmet. Das aber kann vieles heissen. So finden sich unter den Folianten nebst historischen Reiseberichten von EuropĂ€ern auch eine EnzyklopĂ€die der arabischen Zivilisationen, eine tĂŒrkische KostĂŒmkunde, Berichte aus dem englischen Unterhaus zur Abschaffung der Sklaverei oder Pariser Polizeiberichte ĂŒber vorrevolutionĂ€res Treiben in KaffeehĂ€usern.

Um die Bibliothek erstmalig zu sichten, haben wir fĂŒr diese Ausstellung ein dezidiert beilĂ€ufiges Motiv gewĂ€hlt: das der „Welle“. Die Welle taucht in den vielfĂ€ltigsten ZusammenhĂ€ngen auf – sei es in Darstellungen des Zuckerhuts von Rio, in biologischen Abhandlungen ĂŒber japanische Meerestiere, in dĂŒsteren Berichten von SchiffsunglĂŒcken oder in GeschĂ€ftsberichten, welche die Entwicklung indischer Kaffeeexporte grafisch nachzeichnen. Kurzum, die Welle ĂŒberbrĂŒckt unverbundene Epochen, inkompatible WissenszusammenhĂ€nge und disparate RealitĂ€ten.

Veranstaltungsprogramm

Die Wellen – oder Buch, was willst Du mir bedeuten?

Zum ersten Mal in der Geschichte des Johann Jacobs Museums wird die Bibliothek von Klaus J. Jacobs zum Gegenstand einer Ausstellung. Diese Bibliothek, die botanische Abhandlungen, Reiseberichte, kulinarische Ratgeber und ökonomische Analysen vom 16. bis ins 20. Jahrhundert umfasst, gilt als die weltweit bedeutendste Sammlung zum Thema „Kaffee“. Damit allein ist aber nicht viel gesagt, schliesslich lĂ€sst sich anhand dieses Handelsguts und Genussmittels nicht nur die Geschichte der Globalisierung mit all ihren Untiefen nacherzĂ€hlen, sondern auch jenes transkulturelle Gemenge beleuchten, das sich gegenwĂ€rtig aus Handelsbeziehungen, HerrschaftsverhĂ€ltnissen sowie der Migrationen von Menschen und Dingen ergibt.

Statt die Bibliothek systematisch aufzuarbeiten und damit der gesicherten Langeweile anheimzugeben, haben wir uns entschieden, dem impulsiven Charakter dieses transkulturellen Gemenges zu entsprechen und die BĂŒcher munter plaudern zu lassen. Diese Plauderei entzĂŒndet sich an dem beilĂ€ufigen Motiv der „Welle“, das sich in Text- oder Bildform in nahezu jedem Buch findet: in den frĂŒhen europĂ€ischen Schilderungen verwegener Seereisen ebenso wie in den fein gezeichneten EnzyklopĂ€dien japanischer Fische und Meerjungfrauen; in romantisierenden Ansichten vom Zuckerhut in Rio ebenso wie auf Illustrationen entflohener Sklaven in den SĂŒmpfen von Surinam.

In dieser Zusammenschau erweist sich das Wissen, dessen AutoritĂ€t auch heute blind vertraut wird, sowohl in seiner historischen UnbestĂ€ndigkeit als auch seiner machttechnologischen Funktion. Denn die sogenannte „Wahrheit“ eignet sich immer wieder als Stichwortgeberin, wenn es darum geht, soziale AusschlĂŒsse, Hierarchien oder andere Formen von struktureller Gewalt zu rechtfertigen. Diese enge Koppelung von „Macht“ und „Wissen“ offenbart sich nicht immer so offensichtlich wie in den Rassismusdiskursen des 19. Jahrhunderts, sondern ist ebenso den aufklĂ€rerischen EnzyklopĂ€dien eingeschrieben, die vorgeben, die gesamte Welt erfassen, einteilen und erklĂ€ren zu können – ein Anspruch, der sich in historischer Distanz als Irrglaube entpuppt hat.

Mit der halb schaudernden, halb belustigten Faszination am Abwegigen und Vergangenen begnĂŒgt sich diese Ausstellung allerdings nicht. Sie schlĂ€gt den Bogen zurĂŒck zur Gegenwart, indem die LektĂŒre in neue ZusammenhĂ€nge eingebettet wird, die sich auf diese Weise als ebenso absonderlich entpuppen. So begegnet man den Fischen aus der japanischen EnzyklopĂ€die von Engelbert Kaempfer (1729) in Tsukiji (2001) wieder, Allan Sekulas Film ĂŒber die rohen Arbeitsprozesse auf dem Fischmarkt in Tokio. Und die Reise des schweizerischen Gesandten Johann Jakob von Tschudi zu den eidgenössischen Auswanderern in Brasilien (1866) wird begleitet von einer Bildstrecke, welche die unfassliche Arroganz des 19. Jahrhunderts in Sachen „Rasse“ und „Geschlecht“ als unaufgeklĂ€rte Gegenwart ausweist.

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Abschied, Englische Illustration, 19.Jh.

BĂŒcherportrait: Engelbert Kaempfer – Histoire du Japon, 1727

Engelbert Kaempfer (1652-1716), ein wissensdurstiger Arzt aus Lemgo in Westphalen, nahm jede Gelegenheit wahr, der Enge der Heimat zu entfliehen und unbekannte Weltgegenden zu erkunden. So zögerte er auch nicht, als ihm 1683 der schwedische König Karl XI. das Angebot machte, eine Gesandtschaft zum russischen und persischen Hof als Arzt und LegionssekretÀr zu begleiten.

Als die Delegation rund ein Jahr darauf in der damaligen iranischen Hauptstadt Isfahan eintraf, musste sie noch mehrere Monate ausharren, da der Shah aufgrund einer ungĂŒnstigen Sternkonstellation keine Audienzen gewĂ€hrte. WĂ€hrend dieser Wartezeit beschloss Kaempfer sich bei der NiederlĂ€ndischen Ostindien-Kompanie als Schiffsarzt zu bewerben, um so nach Indien zu gelangen.
Auf dem Weg in die sĂŒdlich gelegene Hafenstadt Bandar Abbas, in der die hollĂ€ndischen Schiffe lagen, machte er sich nicht nur mit dem in Ton geritzten Schriftsystem der antiken Perser vertraut, dem er den bis heute gebrĂ€uchlichen Namen „Keilschrift“ verlieh. Er beschrieb auch, wie die Einheimischen ein seltsames GetrĂ€nk zubereiteten, das wenig spĂ€ter im europĂ€ischen Raum als „Kaffee“ bekannt werden sollte.
Trotz widrigster klimatischer UmstĂ€nde, die Kaempfer nur deshalb ĂŒberlebte, weil er im Sommer nicht bei den EuropĂ€ern in der Stadt blieb, sondern wie die Einheimischen in die kĂŒhleren Bergregionen flĂŒchtete, verbrachte er zwei Jahre in Bandar Abbas, bis er im Juni 1688 auf dem Schiff „Copelle“ anheuern und nach Ceylon und Batavia (dem heutigen Jakarta) reisen konnte, wo er umfĂ€ngliche botanische Forschungen anstellte.

Da Kaempfer in Batavia keine Anstellung am Krankenhaus bekam, bestieg er 1690 die „Waelstrohm“, die ihn nach Dejima, einer kĂŒnstlich aufgeschĂŒtteten Insel in der Bucht von Nagasaki brachte.
Aufgrund der 1630 eingerichteten „Abschließungspolitik“ des Tokugawa-Shƍgunates war es AuslĂ€ndern verboten, das Festland zu betreten, so dass alle HandelsgeschĂ€fte von Dejima aus getĂ€tigt werden mussten. Auch wenn Kaempfer wĂ€hrend seines zweijĂ€hrigen Aufenthalts nur zwei mal selbst nach Edo (dem heutigen Tokio) reisen konnte – als Arzt war es ihm gestattet, an der obligatorischen Hofreise der niederlĂ€ndischen ReprĂ€sentanten teilzunehmen –, wusste er in dieser Zeit ein enormes Wissen ĂŒber Japan anzusammeln. Geholfen hat ihm dabei insbesondere der Arzt Narabayashi Chinzan, der spĂ€ter ein Buch mit dem vielversprechenden Titel Schultradition der Wunderarzneikunde der rothaarigen Barbaren schrieb, sowie sein junger Diener und Dolmetscher Imamira Gen’emon, der von ihm HollĂ€ndisch- und Medizinunterricht erhielt und dafĂŒr heimlich japanische Schriftrollen, BĂŒcher und Bilder nach Dejima schmuggelte.

Nach seiner RĂŒckkehr nach Europa 1694 verfasste Kaempfer auf der Grundlage von rund 60 japanischen BĂŒchern und Karten sowie eigenen Beobachtungen und Aufzeichnungen das Buch, das heute unter dem Titel History of Japan oder Histoire du Japon bekannt ist. Zu seinen Lebzeiten fand er dafĂŒr allerdings keinen Verlag. Erst einige Jahre nach Kaempfers Tod erwarb Sir Hans Sloane, der Leibarzt des englischen Königs und GrĂŒnder des British Museums in London, den Nachlass.
Sloane wollte den originalen lateinischen Text ins Englische ĂŒbertragen und betraute mit dieser Aufgabe den jungen Schweizer Arzt Jean-Gaspar Schleuchzer.Dieser fĂŒhlte sich dazu berufen, Kaempfers spröden Schreibduktus in eine gefĂ€lligere Form zu bringen und auch dessen Zeichnungen an den Geschmack des europĂ€ischen BĂŒrgertums anzupassen. Auf diese Weise verwandelte sich etwa der ausladende Kopf von Fukurokuju, einer der sieben GlĂŒcksgottheiten, in einen Turban, der so in Japan noch nie zu sehen war. Zudem setzte sich Schleuchzer ĂŒber Kaempfers eigene Illustrationspolitik hinweg und kopierte einige Holzschnitte aus der japanischen Referenzsammlung Wakan Sansai Zue, die er nahezu unverĂ€ndert in das Buch mit aufnahm.
Mit Kaempfers bahnbrechenden Betrachtungen zur Botanik, Fauna, Medizin, Geographie und Landesgeschichte Japans begrĂŒndete die History of Japan, die erstmals 1727 in London erschien, die moderne Japanologie.

 

HISTOIRE NATURELLE, CIVILE; ET ECCLÈSIASTIQUE DE L’EMPIRE DU JAPON: CompsĂ©e en Allemand Par ENGELBERT KÆMPFER, Docteur en MĂ©dicine Ă  Lemgow; & traduite en François sur la Version Angloise de JEAN-GASPAR SCHLEUCHZER, Membre de la SociĂ©tĂ© Roiale, & du College de MĂ©decins, ĂĄ Londres. Ouvrage enrichi de quantitĂ© de Figures dessinĂ©es d’aprĂšs le natirel par l’Auteur mĂȘme. TOME PREMIER. A LA HAYE, Chez P. GOSSE & J. NEAULME, M.DCC.XXIX. [1729]

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BĂŒcherportrait: John Gabriel Stedman – Voyage a Surinam, 1796

Der niederlĂ€ndisch-britische Captain John Gabriel Stedman (1744-1797) wurde 1772 mit einem Korps von 800 Soldaten in die niederlĂ€ndische Kolo­nie Surinam gesandt. Sein Auftrag lautete, die dort ansĂ€ssigen Truppen im Kampf gegen revoltierende Sklaven zu unterstĂŒtzen. Die Sklaven waren den Plantagen entflohen, um spĂ€ter in blutigen PlĂŒnderungen ĂŒber sie herzufal­len.

WĂ€hrend seines 5-jĂ€hrigen Aufenthaltes in der Kolonie fĂŒhrte Stedman ein Tagebuch, das er mit ĂŒber hundert Aquarellen illustrierte. Darin schildert er die Sklavereigesellschaft des 18. Jahrunderts und ĂŒberliefert insbesondere Schilderungen des Missbrauchs der Sklaven durch die Herren, einschließlich grausamer körperlicher Übergriffe. Stedham widmet sich aber auch der Tier- und Pflanzenwelt Surinams und erzĂ€hlt von seiner Liaison zur schönen Mulattin Joanna. Durch alle EintrĂ€ge zieht sich die Zerissenheit des Autors, der von der wirtschaftlichen Notwendigkeit der Sklavenarbeit ĂŒberzeugt ist, wĂ€hrend ihn die unmenschliche Behandlung der Sklaven empört.

Stedman verfolgte das Anliegen seine TagebucheintrĂ€ge möglichst originalgetreu zu publizieren. Die Aquarelle wurden fĂŒr die Erstausgabe von namhaften Graveuren wie William Blake und Franceso Bartolozzi in kolorierte Stiche ĂŒbertragen. Den Text aber redigierte der Verleger derart verfĂ€l­schend, dass Stedman dessen Publikation ablehnte. Die schwarz-weisse Ausgabe ist das Resultat eines letzten Kompromisses zwischen Stedman und seinem Verleger.

Das Buch war ein durchschlagender Erfolg und wurde zu einem wichtigen Referenzwerk fĂŒr die Bewegung zur Abschaffung von Sklaverei. In mehrere Sprachen ĂŒbersetzt, erschien es bis heute in ĂŒber 25 verschiedenen Ausgaben.

Die Abbildung zeigt eine Schlachtenszene aus dem ersten „Boni Maroon- Krieg“ (1768-72), der benannt ist nach dem AnfĂŒhrer der Maroons (den Abkömmlingen entflohener Sklaven). Regierungstruppen haben gerade Boucou, das eingezĂ€unte Dorf Bonis entdeckt. Das Dorf liegt inmitten eines SumpfgelĂ€ndes, das nur ĂŒber geheime, unter Wasser gefĂŒhrte Pfade zugĂ€ng­lich ist.

 

NARRATIVE, of a five years‘ expedition, against the Revolted Negroes of Surinam, in Guiana, on the Wild Coast of SOUTH AMERICA; from the year 1772, to 1777: elucidating the History of that Country, and describing its Production, Viz. Quadrupedes, Birds, Fishes, Reptiles, Trees, Shrubs, Fruits, & Roots; with an account of the Indians of Guiana, & Negroes of Guiana. By CAPTn J.G.STEDMAN. illustrated with 80 elegant Engravings from drawings made by the Author. VOL. II. London. Printed for J.Johnson, St. Paul’s Church Yard, & J. Edwards, PallMall. 1796

VOYAGE A SURINAM, ET DANS L’INTERIEUR DE LA GUIANE, CONTENANT La Relation de cinq AnnĂ©es de Courses et d’Observations faites dans cette ContrĂ©e intĂ©ressante et peu connue; Avec des details sur les Indiens de la Guiane et les NĂšgres; PAR LE CAPITAINE J.G. STEDMAN; TRADUIT DE L’INGLAIS PAR P.F.HENRY: Suivi du Tableau de la Colonie Française de Cayenne. COLLECTION DE PLANCHES. A PARIS, Chez F.Buisson, Imprimeur-Libraire, rue Hautefeuille, N°. 20. An vii de la RĂ©publique

BĂŒcherportrait: Johann Jakob von Tschudi – Reisen durch SĂŒdamerika, 1866

Der Zoologe und Arzt Johann Jakob von Tschudi hatte bereits zweimal SĂŒdamerika bereist, als er 1859 vom schweizerischen Bundesrat als ausserordentlicher Gesandter nach Brasilien geschickt wurde. Er sollte ĂŒber die Lage der Schweizer Auswanderer berichten.

Zwischen 1818 und 1819 – rund 70 Jahre vor der offiziellen Abschaffung der Sklaverei – waren Tausende arme Bauern aus Freiburg, Bern, Luzern und anÂŹderen Regionen des Landes in die „Neue Welt“ aufgebrochen, um auf den Plantagen zu arbeiten. Bereits die Überreise erwies sich als Tortur, die rund ein FĂŒnftel der Passagiere das Leben kostete. Die Existenzbedingungen in Brasilien, von der Schweizer Regierung als eine Art „Paradies“ angepriesen, waren nicht weniger armselig und unglĂŒcklich als in der Heimat.
Es konnten sich damals aber auch erste „global player“ schweizerischer Abkunft in Brasilien etablieren, die von der Sklavenwirtschaft profitierten. Dazu gehörte der Tabakhersteller Auguste-FrĂ©deric de Meuron, dessen GeschĂ€ftstĂŒchtigkeit Tschudi in seinem Reisebericht nicht ohne patriotischen Stolz lobend erwĂ€hnt.

Abgesehen von einigen Bemerkungen zur ĂŒppigen Fauna, weiss Tschudi nicht viel Gutes ĂŒber das Land in den Tropen zu berichten. Alles scheint ihm ungeordnet, ungehobelt, ungesittet – angefangen bei der mangelnden Arbeitsdisziplin und Intelligenz der „Neger“, ĂŒber die HĂ€sslichkeit der ĂŒberladenen Barockkirchen bis hin zur NachlĂ€ssigkeit des MilitĂ€rs. Eine genaue LektĂŒre des Buches legt die Vermutung nahe, dass rassistische Vorstellungen damals in Ă€hnlicher Weise nach Europa importiert wurden wie afrikanische Wurfspieße oder japanische Netsuke.
Zum Vergleich sei hier aus einem Brief zitiert, den der Auswanderer Franz Hunkeler 1820 an Regierungsrat Vinzenz Hegi in Luzern schreibt:

Man hat hier kein Luxus die Bauern gehen beinahe alle baarfuss, haben sehr schlechte HĂŒtten und schlechte Bett. Sie arbeiten nichts, die Schwarzen nĂ€mlich die Neger machen alles. Diese werden wie das Vieh gebraucht und man handelt um sie wie bei uns um das Vieh. Ein Neger kostet 20 – 30 – 40 – 50 – bis 60 und 70 Louid’or. Wenn sie nicht arbeiten so werden sie geschlagen, und sie haben immer einen Aufseher bei der Arbeit. Ihre Lebensnahrung ist ganz ungekochtes Maniok Mehl und manchmal einwenig gesalzenes Fleisch.

Nach seiner RĂŒckkehr wurde von Tschudi 1866 von dem schweizerische Bundesrath zu dessen GeschĂ€ftstrĂ€ger in Wien ernannt, und 1872 zum außerordentlichen Gesandten und bevollmĂ€chtigten Minister.

 

Reisen durch SĂŒdamerika. Von Johann Jakob von Tschudi. Mit zahlreichen Abbildungen in Holzschnitt und lithographirten Karten. Erster Band. Leipzig: F.A. Brockhaus. 1866

BĂŒcherportrait: Report of the Indian Coffee Board, 1952

1942 grĂŒndete die indische Regierung als Reaktion auf den kriegsbedingten schlechten Absatz das Coffee Board of India. Dieses Gremium bĂŒndelte die lokale Kaffeeproduktion, die grösstenteils von Kleinbetrieben stammte. Die hier gezeigte Grafik aus dem 12. Jahresbericht des Coffee Board verzeichnet Schwankungen im inlĂ€ndischen Kaffeeverbrauch.

Das sogenannte „Propaganda Department“ war eine Unterabteilung des Board und fĂŒr die Vermarktung des Produkts via KaffeehĂ€user und fahrbare Kaffeebars verantwortlich. Zur Propaganda zĂ€hlte aber durchaus auch die Verbreitung von Legenden – etwas derjenigen der „sieben Samen“ aus Mocha, die der heilige Baba Budan im 17. Jahrhundert von seiner Pilgerreise nach Mekka mitbrachte, um sie auf den Chandragiri-HĂŒgeln in Karnataka (SĂŒdindien) zu vergraben. Aus dem arabischen Einflussbereich grĂŒne Kaffeesamen zu entfĂŒhren, galt damals als illegal. Andererseits ist die 7 eine heilige Zahl im Islam, so dass sich die EntfĂŒhrung durchaus als religiöse Tat Baba Budans deuten liess.

Die Bildsprache der Grafik, insbesondere der beturbante Inder, weist deutliche Parallelen zu den „Isotypen“ auf, die Gerd Arntz Ende der 1920er Jahre fĂŒr Otto Neuraths Bildatlas Gesellschaft und Wirtschaft entwickelte. Dieser Bildatlas vertrat den aufklĂ€rerischen Anspruch, die globale Gesellschaft und Wirtschaft in einer universal verstĂ€ndlichen Sprache zu erfassen und darzustellen. Dagegen setzt die Grafik des Coffee Board den beturbanten Inder als rein dekoratives Element ein. Die Aussage liegt allein auf der Kurve des Konsumverlaufs, die sich wie ein roter Teppich ĂŒber die Zeit erstreckt.

 

TWELFTH ANNUAL REPORT OF THE INDIAN COFFEE BOARD BANGALORE (1951-52). VOL. 1. Price: Rs. 2. OBTAINABLE FROM THE SECRETARY, INDIAN COFFEE BOARD, BANGALORE