Ausstellung

Zheng Mahler: A Season in Shell

21.1.2014 bis 8.4.2014 | Johann Jacobs Museum

Das vergangene halbe Jahr verbrachten der Künstler Royce Ng und die Anthropologin Daisy Bisenieks mit einer Feldforschung in den Chunking Mansions, einem informellen Handelszentrum afrikanischer Geschäftsleute und Asylsuchender in Hongkong. Verknüpft haben sich ihre künstlerischen und wissenschaftlichen Subjektivitäten insbesondere mit dem „Bullen“, einem somalischen Geschäftsmann, der die Red Sea Trading Company leitet.

A Season in Shell, die Ausstellung im Johann Jacobs Museum, verdankt sich der Zusammenarbeit mit dem „Bullen“. Dieser ließ für Ng und Bisenieks seine Kontakte nach Somaliland spielen, so dass die beiden zwei Tonnen Abaloneschalen erwerben konnten (die rosarote Abalone, auch Seeohr genannt, ist eine delikate Schnecke, deren perlmuttreiche Schale einer Ohrmuschel ähnelt). Nach dem Ende der Ausstellung wandern die Schalen nach China weiter, um zu Perlmutt veredelt bei lokalen Juwelieren oder als Zierrat von Schweizer Uhren zu enden.

A Season in Shell studiert den Weg der Abalone, die von einer somalischen Fischerkooperative gefangen wurden, die sich das Abalonetauchen am Leitfaden japanischer Handbücher selbst beigebracht und inzwischen über 600 Tonnen Schneckenfleisch nach Hongkong geliefert hat. Daneben haben die Fischersleute eine zweite Handelsroute eröffnet, auf der die wertvollen Schalen reisen: von Berbera über Dubai nach China, wobei diese Route für A Season in Shell nach Zürich abgezweigt wird, um das Johann Jacobs Museum als Knotenpunkt einer globalen Wertschöpfungskette zu adeln.

Im Rahmen einer Performance wird ein chinesischer Chef das Schneckenfleisch zubereiten. Dieses Dinner findet inmitten der physischen Überreste, der leeren Schalen statt, und gedenkt der entfremdeten Arbeit und Dekadenz, die jeder globalen Wertschöpfungskette innewohnen.

 

Veranstaltungsprogramm

A Season in Shell

von Daisy Bisenieks
Innerhalb und Außerhalb von Sinn

Ich führe ein Wanderleben
Obwohl ich mich fühle als bliebe ich verankert
Ich trage meine pockennarbige Rüstung, diese schwergewichtigen
Annalen, den Muskel, der sich spannt,
mit dem ich mich festklammere
an den Felsgrund
Ich rage aus der Mondlandschaft der Ozeantiefe
suche meine Umgebung ab
Meine Augen atmen und tauchen ein
während die Fühler zu Teleskopen werden
Doch unter all meinen Buckeln
Wirst Du ein Kaleidoskop finden
Spuren
Entlang milder Strömungen, Haufen von Resten,
von Handelswaren
eingeflossen in unbekannte Kanäle, Teil geworden
Auslöser für neue, künftige Formationen
Alles was ich weiß ist, dass ich diese Gewässer kartieren muss
Der Verstand diktiert mir in Bewegung zu bleiben

Der süße Duft von Aas
Aus Zusammenstoß und Zerfall entsteht ein unwiderstehlicher Sog, der die peripatetischen Wesen erfasst, findet neue Beine, wird mobil. Mit rasender Geschwindigkeit dreht sich der Wasserstrudel, wird zum Kompass, der ihnen die Richtung weist und sie näher dorthin bringt, wo sie überleben können, während er sie verschlingt.

Wir trafen den Bullen in einem Chinaladen. Der Laden war voll mit Fremden, mit Menschen im Exil oder auf Durchreise. Alle bewegten sich vorsichtig, um das Porzellan durch ihre Anwesenheit ja nicht zu erschüttern. Der Bulle ist ein wohlartikulierter Gentleman, der rasch ungeduldig wird und mit Literatur bewandert ist. Geboren wurde er am Horn von Afrika, in einer Familie von Dichtern, als Sohn eines Armeegenerals. Die Kindheit verbrachte er in Saudi-Arabien, wo er auf die gleiche Schule ging wie Osama bin Laden. Nach seiner Rückkehr wurde er zum Nationalisten. Als die koptischen Flaggen den Weißen Stern auslöschten, tat er was jeder Nationalist getan hätte: er wandelte sich zum Verräter. Er begann der Armee Raketen zu verkaufen, „damit wir die Schweinehunde aus dem Land jagen können“. Damit erinnerte er uns an einen Dichter, der vor 150 Jahren gelebt hat – in einer Art selbstverordnetem Exil. Dieser unternehmenslustige Nomade zog kreuz und quer durch die Wüste und verkaufte einst 2000 Remingtons an Menelik II. Mit diesen Gewehren wurden die italienischen Kolonialherren in Adwa getötet. Siebzehn Jahre lang trieb er im Yemen, in Somalia, Djibouti und Eritrea Handel mit Elfenbein, Waffen und Munition. Auch der Bulle handelt mit Hülsen, doch sind die nicht aus Metall. Zu seinen großen Talenten gehört, Verbindungen herzustellen. Zum Beispiel solche Verbindungen, durch welche die „Kakerlaken des Meeres“ zu den höchsten kulinarischen, ja aphrodisischen Gipfeln in Asien und Europa emporgeführt werden – jenen Gipfel, auf denen die Flaggen des gesellschaftlichen Status flattern. Daneben dienen sie noch der ästhetischen Zierde. Der Bulle erinnert sich wie die Omanis 100 Dollar pro Kilo zahlen wollten, und wie glücklich die Fischersleute über das Angebot waren. Für sie war das Geld, dass sie mit dem Sammeln von „Müll“ leicht verdienen konnten. Die Omanis aber verkauften die stillen Mollusken an die Fischhändler aus Hongkong weiter: für 600 Dollar das Kilo. Dann aber schlug der Bulle zu. Die Preise wurden angepasst und eine neue Industrie entstand, angeleitet durch japanische Ama-Hörkassetten. Bald schon waren die Omanis vom Meer gefegt und die Fischersleute kamen zu Geld. So dreht man die Dinge.

Schale werden
Einige verbringen viel Zeit damit ein ideales Heim aufzuspüren, um sich verwandeln zu können. Anderen erscheint der nächstliegende Fels gerade recht.

Der Bulle verriet uns eines Tages, dass es „eine Zeit gab, in der ich nichts weiter wollte als in einem Stück zu sterben“. Er hatte Kampala nur einen Tag vor einer Bombenexplosion in Kabalagala verlassen. Jemand hatte ihm den Tipp gegeben abzutauchen und so geriet er in Kanäle, die ihn zu neuer Beute führten. Herausgekratzt und getrocknet. Schlafend fand er sich am Flughafen von Dubai in einer Ecke wieder. Mehr Glück, so dachte er, wartet vielleicht auf einer Insel im südchinesischen Meer.

Muskel werden
Dem Sich-Niederlassen folgt oftmals eine Phase des Suchens. Die Suche gilt einem Ort, der dem Verwandlungsprozess förderlich ist.

Aufgrund seines Exilstatus in Hongkong besaß der Bulle keine Arbeitserlaubnis. Aber wenn man zum Hörer greift und jemanden in China anruft, bei dem man Waren bestellt, für die jemand in Dubai bezahlt, während die Waren in den Sudan geschifft werden – hat man dann „gearbeitet“?

Es ist später Nachmittag; ich sitze mit dem Bullen in einem Luxushotel. Wir treffen einen älteren somalischen Geschäftsmann. Dessen persönliche Geschichte und Lebensumstände könnten nicht gegensätzlicher als die des Bullen sein. Er ist da, wo der Bulle sein möchte. Maßanzug, frischgebügeltes Hemd, einen Espresso schlürfend. Sonnenstrahlen dringen durch feine Kratzer in den getönten Scheiben der Hotellobby. Das Licht spiegelt sich in den Brillengläsern des Bullen, während der andere auf seine Rolex schaut. Er bemüht sich als erfolgsverwöhnter Macher zu erscheinen, der sich von der entsetzlichen Langeweile ablenken muss, die ihm der Erfolg beschert. Dank der Macht seines Anzugs wird er tatsächlich zu dem, der zu sein er vorgibt. Hinter uns sitzt ein beleibter Gentleman aus dem Nahen Osten beim High Tea, in Gesellschaft eines unterwürfigen Kollegen. Er verschlingt kleine Sandwiches und Küchlein, deren Krümel zwischen seinen dicklichen Fingern hängenbleiben. Das Gespräch an unserem Tisch kreist um die Vertriebswege asiatischer Waren nach Nordafrika und um die Herren dieser Vertriebswege. Mir fällt auf, dass der Bulle mit seinen Ohren woanders ist: bei der Konversation hinter uns. Als er den richtigen Zeitpunkt gekommen sieht, steht er auf, geht rüber und stellt sich vor.

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Ladung
Aus den trüben Meerestiefen in die Düsternis der Containerladeräume. Ich werde abgepflückt, ausgenommen und verfrachtet; ich werde verdammt, verschickt und serviert. Ich bewege mich nicht mehr selbst, sondern bin Teil eines Ablaufs, der mich von Welt zu Welt führt. Das Taxometer tickt unterdessen; jedes Knarren und Schlingern bringt mehr Geld. Ich bin getötet worden, doch wird mir ein Leben zuteil. Das verbringe ich in den Adern und Zellen irgendeines Biests, das unersättlich ist.

„Ich bin ein Asylbewerber in Hongkong, ein Folteropfer, doch meine Geschäftspartner wissen das nicht.“
„Was glauben die, wer Du bist?“
„In ihren Augen bin ich der Sohn eines hochdekorierten Armeegenerals aus Somalia, der als regionaler Manager ihrer Minengesellschaft tätig ist.“
„Was ist dann das Problem?“

„Naja, ich habe zwölf gebrauchte Raupenbagger aus Japan bestellt, obwohl der Zoll in Sudan nur die Einfuhr neuer Geräte zulässt. Also habe ich die Maschinen auf dem Weg nach Hongkong aufmotzen lassen. Jetzt lagern sie im Hafen von Aberdeen [in Hongkong] und warten darauf verschifft zu werden. Heute nun bekam ich einen Brief von unserer Bank, in dem stand, dass sie unser Geschäftskonto kündigen. Ich bekam einen Panikanfall und klappte auf offener Straße zusammen. Das Geld und die Waren mussten auf den Weg gebracht werden, also gingen wir zu der Adresse, die auf dem Brief stand. Wir fanden aber bloß ein Lagerhaus, voll mit Computern. Wir gingen dann zur Bank, doch diese Schweinehunde weigerten sich zu erklären, was genau Sache ist. Sie meinten nur, dass es irgendetwas mit der Nationalität des Kontoinhabers zu tun habe. Ich vermute mal, es liegt an den Wirtschaftssanktionen gegen den Nordsudan, die im Juli 2012 erneuert wurden. Dazu kommt, dass sich die Bank noch immer nicht von der Strafe erholt hat, die ihr wegen Mithilfe bei der Geldwäscherei mexikanischer Drogenkartelle aufgebrummt wurde.“

Es ist ein grauer, beklemmender Tag. Unerträgliche Schwüle hat sich in der klaustrophobischen Enge der Hochhausschluchten eingenistet. Alles am Körper klebt als wir durch die Straßen von Central stürmen. Wegen der Stöckelabsätze und klammen Strumpfhosen beginnen sich Blasen an den Füßen zu bilden und zu schmerzen. Der Wunsch ans Ziel zu kommen vermischt sich mit dem Bedürfnis, der stickigen Luft zu entfliehen. Wir stolpern erst über groben Kies und schliddern dann durch die marmorvertäfelten, eisgekühlten Kaninchenställe der Lobbies, um den Bullen zu treffen. Wir treffen ihn in Gesellschaft eines Wahrsagers in Bankangelegenheiten, der mit ein paar vagen Hinweisen, aber keinen Gewissheiten aufwartet. „Diese Schweinehunde, diese Rassisten, sie werfen mir einen Blick zu und dann schütteln sie den Kopf. Deshalb können Geschäftsbeziehungen zwischen China und Afrika nie funktionieren. Ich möchte, dass Ihr beide mitkommt zur Bank. Du siehst aus wie ein Einheimischer und Du bist eine Weiße. Sie können Euch nicht so abservieren, wie sie das bei mir konnten.“ Der Bulle treibt durch all diese Reservoirs, es schmerzt gewaltig, bis seine Häute fester werden, bis sich die erste kleine Atemöffnung auftut.

Gehandelt

Die Märkte der Schwellenländer fristen schon lange kein unterentwickeltes Dasein mehr am Rande der Weltwirtschaft. Sechs Tonnen Abaloneschalen werden zu einer Fabrik in Guangdong geliefert, wo die Arbeiter das schillernde Schaleninnere polieren und in kleine Teile zerbrechen. Die Reste werden zu einem kreidigen Pulver vermahlen. Unterdessen tragen indische Mittelsmänner das getrocknete, glasige Muskelfleisch, dessen Farbe an reife Grapefruit erinnert, an die Türen der unzähligen Fischrestaurants. Für ihr Gut erzielen sie einen stolzen Preis, so als ob die Ware fangfrisch aus den Netzen somalischer Fischersleute käme. Dieser letzte Transport ist aber bloß ein Zwischenspiel vor dem eigentlichen Akt der Beseelung, wenn nämlich die wässrigen Muskeln in die Arterien und brennenden Gedärme der Metropole eingespeist werden.

Schnell wird aus uns Büromobiliar einer aufstrebenden ostafrikanischen Bergbaugesellschaft. Untergebracht in einer alten Textilfabrik, die sich in ein Labyrinth halbversteckter Büros von Diamantenhändlern, Diätberatern und Stoffhändlern verwandelt hatte, war der große Raum zunächst leer. Der Eindruck einer verwaisten Arbeitsstätte verliert sich aber bald. Der Bulle hat kurzerhand die gesamte Büroeinrichtung einer im Auszug begriffenen Firma im Stock drüber gekauft, nachdem er gehört hatte, dass die Bankmanager am nächsten Tag bei ihm vorbeischauen wollen. Er lädt seine Freunde ein und zahlt ihnen einen guten Preis nur dafür, dass sie an den gebrauchten Plastikfurniertischen sitzen und auf den Tasten der Keyboards klimpern, während der Bulle die Manager zur Regelung ihrer geschäftlichen Angelegenheiten in seinem Privatbüro empfängt. Schnell lernen wir die Kunst, Anschein zu erwecken. Später schleppt er mich in einen Möbelladen und entscheidet: „Du weißt am besten, was wir im Büro brauchen“. Ich bin zur somalischen „Ersatzfrau“ geworden, die Möbel für das „traute Heim“ aussucht. Anders allerdings als die Frau, mit der er einst verlobt war, werde ich mich mit der „Mitgift“, die der Einrichtung der hochzeitlichen Bleibe zugedacht ist, nicht nach Kanada absetzen. Bei IKEA streiten wir uns über Beleuchtungsfragen. „Im Büro ist Licht das Allerwichtigste“, behauptet er. Das grelle Licht, das durch Spiegel noch verstärkt wird, blendet ihn, während wir uns einen Weg durch die vollgeräumten Gänge bahnen: ein Hase, der vom Scheinwerferstrahl erfasst wird. „Lass uns was mit Spiegeln machen“, schlägt der Bulle begeistert vor.

Mit unseren 200 Visitenkarten samt Schreibfehlern und erfundenen Titeln gelangen wir in den Flussoberlauf. Der offizielle Anstrich ist eine Vorsichtsmaßnahme, denn in dem Moment, wo man seine Identität aufgibt, beginnen die Unsicherheiten. Eine Unwahrheit hat die nächste zur Folge, die wieder die übernächste nach sich zieht. Das alles türmt sich immer weiter auf, bis das Gesetz, so wie es niedergelegt ist, jegliche Bedeutung verloren hat. Alles ist vorbereitet für die Ankunft des Direktors aus Somalia. Die Bank ist ihrerseits bereit, das Konto zu eröffnen, es gilt aber noch eine wichtige formale Voraussetzung zu erfüllen: der Wohnsitznachweis des Kontoeigentümers muss erbracht werden. Das Problem daran ist, dass es in Uganda, dem Heimatland des Direktors, die bürokratische Institution der „Adresse“ nicht gibt. Der Bulle, einerseits ungeduldig, andererseits auf der Hut, nur keinen Argwohn zu erregen, meint: „Kein Problem“. Vor versammelter Mannschaft blickt er mir in die Augen und sagt: „Du kümmerst Dich darum“. Was mir der Blick bedeuten soll, weiß ich genau. Ich soll losziehen und mein künstlerisches Talent unter Beweis stellen, indem ich einen ugandischen Führerschein fälsche, der dann als Adressennachweis dienen kann. Ich studiere eingehend die Muster und Farben, die sich unter dem Text eines ugandischen Führerscheins entlangziehen. Während ich mich in die Details vertiefe, beginnt mein Auge am Wellenmuster entlangzuwandern und verliert sich in der Schönheit der Linienführung. Bald beginnen die Linien mit mir zu sprechen. Die winzigen Buchstaben wiederum verschwimmen zu Millionen Augen, die mich beobachten. Ich bekomme ein flaues Gefühl im Magen. „Lass uns lieber ein Büro in Singapur eröffnen“, meint der Bulle, während er seine Hand über einen Tisch im Ausverkauf streifen lässt. Es ist Zeit, an Boden zu gewinnen wie ein Muskel, der sich am Felsen festzukrallen versucht.

Verfeinert, nachbearbeitet

Der Bulle hat sich einen neuen Mantel zugelegt
dicker tweedartiger Stoff, senffarben, und er macht darin
eine gute Figur
Er bewegt sich durch die dichtgedrängten Straßen, grelle
Neonzeichen hoch oben an den Fassaden weisen ihm die Richtung
Strahlende, buntfarbige Stücke
Wie Muschelschalen, die ihren Weg in Uhren finden oder Ketten,
die sich um einen schlanken Nacken legen
Mit jeder Wendung wird ein neuer Stein gesetzt
Stein um Stein ergeben einen Pfad, diesen zufälligen Pfad,
der vorwärts führt
Wo die nächste Form unbekannt ist
Wie sein Sesam, das erst eritreischen, dann chinesischen, dann israelischen Ursprungs ist.
Wir diskutieren die Vertriebswege von Konservendosen, während wir Pasta essen.
Ein Strom von Zylindern fließt in den Nahen Osten und nährt die Region
Und die Augen richten sich auf lokale Milchrivalen, die verdunsten
Ich rühre mein 熱奶茶 um
„Um uns nun der weißen Kuh zuzuwenden…“, beschließt er seine Ausführungen voller Zuversicht.
All diese unsichtbaren Wege, die er zwischen den Kontinenten anlegt
Die Strömungen überquerend
Er ist auch ein Handwerker, repariert Uhren, fädelt Perlen ein, poliert Steine
Ein Dirigent, der weiß, was sich in jedem Ding, an jedem Ort verbirgt
Er bittet mich, dem Bergbauminister im Jemen einen Brief zu schreiben
Mit dem verwegenen Vorschlag ihm die Exklusivrechte als Broker für Investoren in
der Region einzuräumen
Mit dem Gesicht eines Einheimischen gekennzeichnet sind wir alle zu Perlen
einer Kette geworden
Bald wird das heißen, dass das Spiel eine Wendung genommen hat
Diese Woche feiern wir die Geburt eines Kälbchens
Von einem der Kamele, die der Bulle in Somalia hält
Und die überraschende Verlobung seiner jüngsten
Schwester
Mobiltelefone werden als Geschenke verschickt, Verbindungsglieder für
Getrennte Liebende
Zwei Familien werden so verknüpft, die bald zusammen kommen
Doch der Bulle fühlt sich nicht wohl beim Feiern, denn
Seine Rolle wandelt sich
Dennoch kann er nicht anders als lachen
Dies ist tatsächlich ein glücklicher Moment.

Geschmückt und verzehrt

„Ja, hallo?“ lautet der Slogan des Bullen.
Wir sind zu einem funktionstüchtigen Büro geworden, das seiner eigenen
inneren Uhr folgt.
Und eine juwelenbesetzte Institution krönt unsere tägliche Arbeit
Es ist die Mutter aller Perlen
Und trägt ein Versprechen in sich, das sich durch das Schlürfen der wertvollen Muskelsuppe erfüllt
Vermischt mit dem Glauben, dass die Suppe kranke Augen heilen kann.
Der Bull ersehnt sich eine neue Haut
Einen neuen Pass
Einen neuen Mantel, der nach innen und außen wirkt
Unterdessen läuft das Geschäft weiter, doch nicht
ohne dass Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.

Seltsamerweise werde ich öfter fotografiert, wobei der Fotograf anschließend verschwindet. Ich frage mich, ob wir beschattet werden? „Wahrscheinlich existiert schon eine Akte über Dich, schließlich bist Du eine Fremde, die häufig die Chungking Mansions besucht.“ Der Bulle verrät mir, warum er es sich zur Gewohnheit gemacht hat unauffällig, aber regelmäßig über die Schulter die Menge hinter seinem Rücken zu fotografieren. „In Uganda hatte ich einmal das seltsame Gefühl verfolgt zu werden. Ich fuhr Motorrad und, tatsächlich, da war jemand hinter mir her. Seitdem bin ich auf der Hut…“, erinnert er sich. Vertrauen ist wahrlich die letzte Bastion. Später sind wir in eine Diskussion über gemeinsame Bekannte vertieft und überlegen, wem man trauen kann. Die Übergänge zwischen Paranoia, Misstrauen, Instinkt und Vernunft sind fließend. Der Hawala-Angestellte aus Dubai wollte mich sprechen und wir erschraken beide über unseren gemeinsamen australischen Akzent.

„Warum wollen Sie das Geld mit uns verschicken und nicht mit einer Bank?“
„Ich muss Geld von Australien nach Hargeisa schicken und bekam den Rat, das mit Ihrer Hilfe zu tun.“
„Um welchen Betrag geht es denn?“
„10.000 US-Dollar.“
„Wir sind nicht wettbewerbsorientiert. Gewöhnlich versenden wir kleinere Beträge. Was sind Sie von Beruf?“
„Künstler.“
Schweigen.

Eine Zeit in der Schale

Vom Inselregen bekam ich Fieber und während ich den ganzen Tag im Bett liege, sehe ich nur Muschelschalen. Hunderte, Tausende, Millionen dieser Bauchfüßler, die vor meinen Augen treiben und sich vermehren, sonderbare Kreaturen mit Fühlern und Antennen, die in Felsen hausen. Ich sehe Muscheln, die über den düsteren Meeresboden wandern, die, in Sackleinen verpackt, im nächtlichen Bauch eines Schiffes ruhen oder zwischen den Lagerhallen von Berbera, Dubai und Zürich verschoben werden. Und dann sehe ich uns und den Bullen in den schummrigen Umrissen von Zellen. Eine Stimme, welche die Fiebernebel durchdringt, rät mir sofort ans Telefon zu gehen.

Schulden eintreiben

Der Bulle, sich die Hände reibend, schlägt humorig vor: „Warum gehen wir nicht Schulden eintreiben?“ Wir treten ins Büro ein ohne anzuklopfen. Es ist dunkel, leer, unordentlich. Ein Mann sitzt allein an einem Schreibtisch am äußersten Ende des Raums, vertieft in das Bild einer kantonesischen Sirene auf seinem Telefon. Er reagiert nicht auf unser Eintreten. Als wir an ihn herantreten und sich unsere Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnen, fragt der Bulle: „Wo ist Dein Boss?“. Der Mann antwortet nicht.
„Ok, dann lass mich ihn anrufen… diese Nummer stimmt nicht.“
Der Mann drückt dem Bullen ein Telefon in die Hand, ohne ihn dabei anzusehen. Ich halte mich im Hintergrund, schaue aus dem Fenster und tue mein Bestes, nicht bedrohlich zu wirken.
„Wo ist der Rest von meinem Geld?“
Eine unverständliche Stimme klingt aus dem Hörer.
„Ok, ok, ich komme später wieder… Sag Deinem Boss er soll das Telefon in Ordnung bringen lassen“.
Wir wenden uns zum Fahrstuhl um.
„Ich sag Dir was, ich gab diesem Typen aus Tansania, der seit 12 Jahren in Hongkong lebt, ich gab ihm 20 Kilo Abalone, damit er einen Käufer für mich findet, und der Typ ruft mich an und sagt, dass er die Ware in einem Taxi vergessen hat. Diese Leute sind alle Verbrecher, die haben alle so eine Gefängnisvisage, sind alles Schweinehunde! Darauf sag ich ihm, dass er mir 20.000 Dollar schuldet. Es hat mich dann 6 Monate gekostet, dass er 8.000 Dollar als Schuld akzeptiert. Ich musste ihm nachgehen, herausfinden, wo er wohnt. Musste ihm zu verstehen geben, dass ich in einer ausweglosen Lage bin und ihm leicht etwas antun könnte. Dann zahlt er.“